Anlässlich der Vernissage vom 20. März eröffnete Parkdirektor Ruedi Haller die neue Sonderausstellung «immer wilder» im Nationalparkzentrum in Zernez und setzte sie in den Kontext des 111-Jahr-Jubiläums des Nationalparks. Die Ausstellung fokussiert anhand von Bildpaaren auf Entwicklungen, die den Nationalpark in mehr als einem Jahrhundert geprägt haben.

«Wie entwickelt sich die Natur, wenn der Mensch nicht eingreift?» Diese Frage sei seit der Gründung des Schweizerischen Nationalparks (SNP) im Jahr 1914 zentral, sagte Christoph Flory, Vizepräsident der Eidgenössischen Nationalparkkommission vor dem zahlreich erschienen Vernissage-Publikum. Es gäbe viele Möglichkeiten, Veränderungen in der Landschaft zu erforschen und zu dokumentieren. Warum nicht «einfach» mit einem Bild, das wiederholt vom genau gleichen Standort aufgenommen wird und so die natürlichen Prozesse über die Zeit festhält? Diese Idee war der Startpunkt für die Ausstellung.

Eine Schatzkiste

Frühere Forschende, Reisende, Parkwächter und Fotografen haben wahrliche Schätze an historischen Fotografien des Nationalparks hinterlassen. Daraus haben die Verantwortlichen für die neue Sonderausstellung einige Dutzend ausgewählt und in den letzten zwei Jahren an den exakt gleichen Standorten nachfotografiert. «Die früheren Fotografen waren sich wohl kaum bewusst, welch wertvolle fotografische Perspektiven auf die Landschaft sie für die Zukunft festhielten», sagt Tamara Estermann, Kuratorin der Ausstellung. Die älteste bekannte Fotografie aus dem Parkgebiet stammt übrigens von einer weltbekannten Persönlichkeit: Wilhelm C. Röntgen, der Entdecker der nach ihm benannten Strahlung, fotografierte 1895 als Durchreisender das Hotel Il Fuorn an der Ofenpassstrasse. Die Refotografie von 2024 zeigt eindrücklich, was sich in den 130 Jahren alles verändert hat.

Viele Faktoren und Herausforderungen

Die Refotografie erwies sich als sehr anspruchsvoll. Nebst dem genauen Standort, der oft nur grob bekannt war und rekonstruiert werden musste, gab es viele weitere Faktoren zu beachten: Jahres- und Tageszeit, Schneesituation und Wetter mussten vergleichbar sein, eine Störung der Tiere galt es zu vermeiden. Teilweise waren mehrere Anläufe erforderlich, bis die gewünschte Vergleichbarkeit der Bilder erreicht werden konnte. Einige Standorte waren zudem komplett eingewachsen – es blieb nur die Rückkehr.

Die Bildpaare erzählen vom Wandel

Das Resultat ist beeindruckend. «Seit 1914 ist die Natur im Nationalpark mit all ihren Arten und Prozessen geschützt. Anhand konkreter Bildpaare zu sehen, wie sich die Landschaft in den letzten 111 Jahren entwickelt hat, fasziniert mich sehr», sagt Ruedi Haller, Direktor des SNP. Gegliedert ist die Ausstellung in sieben thematische Blöcke, in denen aufgezeigt wird, wie sich z.B. Wald, Wiesen, Gewässer oder Extremstandorte verändert haben. Was ist passiert, seit keine Nutztiere mehr im Nationalpark gehalten werden? Hat der Wald zugenommen? Welchen Einfluss haben die Hirsche auf die Landschaft? Wie haben sich die Gletscher und Gewässer entwickelt? Die Bildpaare geben Antworten, ergänzt und erläutert durch spannende Geschichten. «In den Bildern sind Entwicklungen zu sehen, die bereits gut erforscht und dokumentiert sind. Es erstaunt mich indessen, wie viel Neues es allein durch das genaue Betrachten der Bilder zusätzlich zu entdecken gibt», freut sich Tamara Estermann. Nebst der Betrachtung der grossformatigen Bildpaare können die Gäste auch an digitalen Stationen insgesamt 56 Bildpaare vergleichen – ganz nach dem Motto «Finde die zehn Unterschiede». Die Sonderausstellung kann bis im März 2027 besucht werden.

Weitere Informationen zur Ausstellung (mit Fotos)

Weitere Informationen zu 111 Jahre echt wild

 

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