Der Schweizerische Nationalpark (SNP) ist seit seiner Gründung 1914 ein streng geschütztes Wildnisgebiet inmitten der Alpen. Auf einer Fläche von rund 170 km2 können alle natürlichen Prozesse uneingeschränkt wirken. Die Natur wird weitestgehend sich selbst überlassen. Im SNP sind Tiere, Pflanzen, Lebensräume und die zugehörigen Prozesse seit über 100 Jahren vor menschlichen Einflüssen geschützt. Der Mensch wird dabei zum stillen Beobachter verschiedener Prozesse, welche diese einzigartige alpine Landschaft formen und sie ständig verändern. Heute und auch in der Zukunft gilt es im SNP, die natürlichen Prozesse gewähren zu lassen, sie zu erforschen und zu dokumentieren. Dies nicht zuletzt auch, um sie immer besser verstehen zu können.
Hier stellen wir Ihnen einige dieser natürlichen Prozesse vor und zeigen, was mit deren Schutz im Park konkret gemeint ist.
Murgang
Die zahlreichen Schutthänge und Starkniederschläge führen zu vielen Murgängen im SNP.
Ein Murgang, umgangssprachlich auch Mure, Rüfe oder Schlammlawine genannt, ist ein Gemisch aus Wasser, Schlamm und Gesteinsmaterial, welches der Schwerkraft folgend talabwärts strömt. Im Gebirge geschehen Murgänge häufig in steilem Gelände, wo viel Schutt und Geröll vorhanden ist. Durch Starkniederschläge wird dieses Material in Bewegung gebracht. Murgänge können Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h erreichen und haben mit ihren vielen Steinen und Blöcken ein enormes Zerstörungspotenzial.
Lawine
Lawinen sind der prägende Prozess in der winterlichen Landschaft. Da der Park im Winter geschlossen ist, stellen sie jedoch keine Gefahr für die Besuchenden dar.
Lawinen sind Massen von Schnee und Eis, welche sich an steilen Berghängen lösen und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit talabwärts fliessen. Dabei unterscheiden wir verschiedene Typen:
- Staublawinen: Entstehen vor allem im Hochwinter bei kühleren Temperaturen und können mit ihrem Luftdruck ganze Wälder umreissen.
- Schneebrettlawinen: Hier kommt eine ganze Schneetafel gleichzeitig ins Rutschen. Auslöser können auch Tiere oder herabfallende Steine sein.
- Nassschneelawinen: Entstehen bei starker Erwärmung, lösen sich spontan und können bis weit in die Täler vordringen. Der nasse Schnee reisst auch Steine und Bäume mit.
Waldbrand
Die Waldbrandfläche bei Il Fuorn aus dem Jahr 1951 (Abbildung links) zeigt, wie lange die Spuren eines Waldbrandes im Gebiet des Schweizerischen Nationalparks sichtbar bleiben können.
Wenn der Wald brennt, wirkt dies meist beängstigend und zerstörerisch. Doch ein Waldbrand trägt gleichzeitig auch zur Verjüngung der Wälder bei. Er schafft Nährstoffe und Raum für neues Leben und ist im Grunde natürlicher Bestandteil der Waldökosysteme. Heutzutage sind jedoch die allermeisten Brände auf menschliche Ursachen zurückzuführen und in diesem Sinne nicht mehr Teil eines natürlichen Prozesses. Wie im Schweizerischen Nationalpark (SNP) mit Waldbränden umgegangen werden soll, ist deshalb keine triviale Frage.
Pilzbefall
Im Schweizerischen Nationalpark (SNP) geben vor allem zwei Pilze zu reden: Der Hallimasch (Armillaria) und der Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum).
Lärchenwickler
Von Zeit zu Zeit werden die Lärchen des Schweizerischen Nationalparks vom Lärchenwickler befallen – einem kleinen dunkelgrauen Nachtfalter, dessen Raupen die Lärchennadeln fressen.
Der Lärchenwickler befällt insbesondere in den inneralpinen Tälern periodisch die Lärchen (Larix decidua). Er verändert dabei kurzfristig das Wachstum der Lärchennadeln und damit auch das Bild der Wälder, führt aber grundsätzlich nicht zum Absterben der Bäume.
Klimawandel
Im Schweizerischen Nationalpark sind die Auswirkungen des Klimawandels bereits heute spürbar. Sie zeigen sich an verschiedenen Prozessen.
Eine Übersicht zu den wissenschaftlich festgestellten Auswirkungen des Klimawandels im Nationalpark finden Sie → hier
Der Prozess des Klimawandels ist ein global wirkender Prozess, der sich nicht an die Grenzen des Schweizerischen Nationalparks (SNP) hält. Seine Ursachen sowie auch die Folgen sind vielschichtig und weitreichend. Die Beeinflussung der Landschaft und der Ökosysteme des SNP durch den Klimawandel ist äusserst komplex und Gegenstand andauernder Forschung. Es können deshalb hier keine abschliessenden Aussagen gemacht werden.