Diese auf den ersten Blick öde Hochgebirgslandschaft birgt bei näherem Hinsehen eine Fülle spannender Phänomene.

Dominiert von Wetter und Erosion, fordert dieser karge Lebensraum von Pflanzen und Tieren maximale Anpassungsfähigkeit.

Steine prägen diese Landschaft zwischen den blühenden Matten und den höchsten Bergspitzen. Felszacken ragen in den Himmel und riesige Geröllhalden ziehen talwärts. Die Erosion hinterlässt im Hochgebirge ihre deutlichsten Spuren. Hier vermag die spärliche Vegetation den Boden nicht mehr zurückzuhalten. Von der Sprengkraft des gefrierenden Wassers herausgelöste Felsblöcke donnern zu Tal und bilden riesige Geröllhalden.


Geröllhalden sind ein besonderes Merkmal der Nationalparkberge. Der Grund dafür ist das Ursprungsgestein: Der spröde Dolomit zerbricht mehrheitlich in groben Schotter und sammelt sich in Form von Schuttkegeln unter den Felswänden.

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Permafrost

Während sich vor Jahren nur Spezialisten mit Permafrost befasst haben, kommt diesem Phänomen heute auch gesellschaftliche Bedeutung zu.

Ab einer Höhenlage von ca. 2400 m ü.M. an Schattenhängen und 2800 m an Sonnenhängen ist der Boden im Nationalpark das ganze Jahr über gefroren. Nur im Sommer tauen die obersten 1 bis 2 m auf. Permafrost ist an der Oberfläche nicht sichtbar und wird deshalb auch kaum wahrgenommen.

Im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung wird dem Phänomen Permafrost heute eine grössere Bedeutung zugemessen. Auftauender Permafrost kann zu Hanginstabilitäten führen, was im Bereich von besiedelten Gebieten die Gefahr von Schlammlawinen erhöhen kann. So hat etwa die Gemeinde Pontresina im Oberengadin spezielle Schutzdämme gebaut, um diese Gefahr zu minimieren.

Murmeltiere scheinen zu wissen, wo der Permafrost beginnt. Ihre Winterbaue liegen jedenfalls nie im Permafrost. Da die Temperatur im Bau nicht unter den Gefrierpunkt absinken darf, sind diese Standorte ungeeignet.

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Blockgletscher Val Sassa

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Blockgletscher

Wie riesige Tatzelwürmer folgen diese eleganten Gebilde der Schwerkraft.

Im Gegensatz zu Eisgletschern bestehen Blockgletscher vorwiegend aus Gesteinsmaterial, dessen Zwischenräume mit Eis ausgefüllt sind. Der Schwerkraft folgend kriechen sie langsam talwärts. Ihre Form erinnert von Weitem an Lavaströme. Diese formschönen Gebilde bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem halben Meter pro Jahr. Im Sommer tauen die obersten 1 bis 2 Meter des Blockgletschers auf. Man kann dann hören, wie das Schmelzwasser in geringer Tiefe auf der Eisoberfläche abfliesst.

Am Blockgletscher in der Val Sassa (Bild oben) führt die Wanderroute 03 Fuorcla Val Sassa (Chamanna Cluozza–Fuorcla Val Sassa–S-chanf) vorbei. Der Blockgletscher Val Sassa ist fast 2 km lang und damit der längste Blockgletscher schweizweit. Er ist zudem auch der am längsten erforschte Blockgletscher überhaupt. Denn bereits 1918, kurz nach der Gründung des Nationalparks, erhielt Emil Chaix von der Forschungskommission des Nationalparks den Auftrag, das Gebiet aus physiogeografischer Sicht zu untersuchen. Als einer der ersten überhaupt hat er damals das Phänomen Blockgletscher beschrieben. Auch heute noch laufen verschiedene Forschungsprojekte zu den Blockgletschern im Nationalpark.

Eine von 100 Welterbestätten! 
Im Jahr 2022 wurden die Engadiner Blockgletscher – und damit auch die Blockgletscher im Schweizerischen Nationalpark – in die Liste der 100 geologischen Welterbestätten aufgenommen. Damit reihen sie sich nun ein neben Berühmtheiten dem Grand Canyon in den USA oder dem Zuckerhut in Brasilien. Mehr zu dieser Auszeichnung erfahren Sie ►hier.

► Mehr zu den Blockgletschern erfahren Sie im Atlas des Schweizerischen Nationalparks
► Hier finden Sie eine Zusammenstellung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur im Schweizerischen Nationalpark.

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