Ein Beitrag von Angelika Abderhalden (Fundaziun Pro Terra Engiadina) und Fabienne Frey (SCNAT)
29. September 2025
Seit 2019 suchen wir in der Region Engiadina Val Müstair zusammen mit der Bevölkerung nach den versteckten Tieren in unserer Umgebung. Dies mit dem Ziel, die Tiere und ihre Lebensräume besser schützen zu können. Besonders erfolgreich war die Suche nach dem Gartenschläfer. Auch Schulklassen beteiligen sich am Projekt und lernen so mehr über ihre wilden Nachbarn.
Titelbild: Die Stängel-Blattschneiderbiene ist selten und schützenswert (©Gian Reto Marugg)
Der Gartenschläfer war das Tier des Jahres 2022 – eine grosse Bekanntheit geniesst der kleine Nager aber nicht. Mit seiner schwarzen Augenmaske lebt er nachtaktiv in der Umgebung von Siedlungen. Um mehr über unseren heimlichen Nachbarn zu erfahren, haben wir den Aufruf «dem Gartenschläfer auf der Spur» gestartet. Dazu erhielten wir auf der Plattform «Wilde Nachbarn» erstaunlich viele Meldungen, mit denen wir die Verbreitung der Tiere sehen können. So dokumentierte ein Melder unterhalb von Brail fast jeden Abend fotografisch, wie ein Gartenschläfer an den Inhalt eines Kompostbehälters zu gelangen versuchte. Eine andere Melderin berichtete von einem Gartenschläfer aus Santa Maria in der Val Müstair. Das Tier wohne an der Via Veglia und sie beobachte es dort schon seit zwei Jahren. Auch sie belegte ihre Beobachtung mit einem Bild, was für die Datenvalidierung der Meldeplattform besonders wertvoll ist.

Abb. 1: Gesucht und gefunden: Ein Gartenschläfer (©Jiri Bodhal)
Im Rahmen des Projekts haben wir nicht nur digitale, sondern auch analoge Spuren des Gartenschläfers gesammelt. Gut 20 Freiwillige beteiligen sich seit 2023 beim Ausbringen von 40 Spurentunnels (siehe Abbildung) zwischen Martina und Susch. In Büschen auf verschiedenen Höhen platziert, stellen sie für Kleinsäuger spannende Verstecke dar. Beim Durchlaufen hinterlassen die Tiere ihre Trittsiegel auf einem Papier, das im Spurentunnel liegt. Einen Monat nach Ausbringen der Tunnels werteten Expert:innen die Spurenblätter aus und teilten die erfolgreichen Ergebnisse an einem gemeinsamen Projekttreffen mit den Freiwilligen. Von 2023 bis 2024 liefen in 27 Tunnels Gartenschläfer durch!

Abb. 2.: Holztunnels in Büschen dienen der Spurensicherung von Kleinsäugern (©Wildenachbarn).
Mit Schulklassen auf Spurensuche
Auch zusammen mit Schulklassen basteln wir Spurentunnels für Kleinsäuger wie Wiesel, Hermelin, Gartenschläfer, Igel oder Mäuse und stellen diese auf. Die Kinder und ihre Eltern wechseln die Spurenblätter wöchentlich aus und Expert:innen für Kleinsäuger bestimmen die Spuren. So erforschen die Kinder, welche Tiere in ihrer Umgebung leben und werden gleichzeitig für den Schutz deren Lebensräume sensibilisiert. Um die Schülerinnen und Schüler darüber hinaus für eine Mitmachaktion zu begeistern, informieren Fachpersonen aus der Umweltbildung in Klassenzimmern oder an Anlässen draussen über die Tiergruppen unserer Aufrufe.
Aktuell gesucht: Stängel-Blattschneiderbiene und Riesen-Haarstrang
Zu den aktuellen Projekten gehört die Kartierung der Vorkommen einer seltenen Wildbiene, die Stängel-Blattschneiderbiene (Megachile genalis). Dies ist ein Kooperationsprojekt mit dem Parc Ela, in welchem die seltene Wildbiene hauptsächlich verbreitet ist. Der Naturpark verfolgt im Kanton Graubünden einen Aktionsplan zum Schutz der Stängel-Blattschneiderbiene. Mit einem Melde-Aufruf soll die Bevölkerung zugleich für die Pflanze sensibilisiert werden, in der die Biene hauptsächlich nistet. Der sogenannte Riesen-Haarstrang (Peucedanum verticillare) wächst gross und gleicht der Wald Engelwurz (Angelica sylvestris). Beide Pflanzen sind wichtige Lebensräume für Insekten und beide werden von der Stängel-Blattschneiderbiene genutzt. Aber aufgepasst: Sie sehen auch dem invasiven Neophyten Riesen Bärenklau (Heracleum mantegazzianum) zum Verwechseln ähnlich. Der aktuelle Aufruf ist daher hilfreich, um die Pflanzen und ihre Lebensräume besser schützen zu können.

Abb. 3.: Wald Engelwurz und Riesen-Haarstrang – hier nistet die Stängel-Blattschneiderbiene (©Nicolina Marugg).