Der Schweizerische Nationalpark, die Engadiner Kraftwerke und verschiedene Umweltverbände erarbeiten ein neues, optimiertes Sanierungsprojekt für den mit Polychlorierten Biphenylen (PCB) belasteten Fluss Spöl im Nationalpark. Damit werden die Belastungen auf der gesamten Strecke des Oberen Spöl genauer erfasst. Um dieses Projekt anzugehen, soll das vor dem Amt für Umwelt Graubünden hängige Beschwerdeverfahren zur Sanierungsverfügung bis Ende 2022 sistiert werden.
Im September 2016 liess die Engadiner Kraftwerke AG (EKW) Korrosionsschutzarbeiten durch eine spezialisierte Firma an der Staumauer Punt dal Gall oberhalb Zernez ausführen. Bei diesen, durch die Drittfirma durchgeführten Arbeiten gelangten durch ein Leck in der Baustellen-Abdichtung feine Partikel eines Rostschutzanstrichs ins Innere der Staumauer und von dort weiter in den im Schweizerischen Nationalpark (SNP) gelegenen Spöl. EKW-Mitarbeitende erkannten dies bei einer Kontrolle und meldeten es umgehend dem Amt für Natur und Umwelt (ANU).
In der Folge zeigten Messungen des ANU, dass die Sedimente des Oberen Spöl über eine Strecke von mehreren Kilometern mit giftigen Polychlorierten Biphenylen (PCB) belastet sind. Das besonders stark mit PCB belastete, 60 Meter lange Tosbecken direkt unter der Staumauer wurde im Jahr 2017 erfolgreich saniert. Umstritten blieb jedoch, ob und wie der darunterliegende, 5.6 km lange Flusslauf des Oberen Spöl saniert werden soll und wer die Kosten dafür trägt.
Das ANU erliess am 12. Februar 2021 eine Verfügung und verpflichtete EKW zur Sanierung eines Teils der belasteten Strecke des Oberen Spöl. Gegen diese Sanierungsverfügung erhoben der SNP, drei Umweltverbände sowie EKW aus je unterschiedlichen Gründen selbst Beschwerde an das Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement (EKUD). Bis zu einem gültigen Urteil würden Jahre vergehen – und selbst dann wäre möglicherweise nicht sicher, wie saniert würde.
Der SNP, EKW, Aqua Viva, Pro Natura und der WWF sind an einer raschen und bestmöglichen PCB-Sanierung aller belasteten Bereiche im Oberen Spöl interessiert. Sie entwickeln deshalb gemeinsam ein neues, optimiertes Sanierungsprojekt. Dieses hat zum Ziel, die belasteten Stellen auf der gesamten Strecke des Oberen Spöl mit möglichst wirkungsvollem und sorgfältigem Eingriff in die sensible Flusslandschaft zu sanieren. Das neue Projekt sieht zudem eine differenzierte Sanierung in Bezug auf die Flussmorphologie vor, welche die Verteilung des PCB wesentlich mitbestimmt. Das PCB haftet an feinen Sedimentpartikeln, welche sich in strömungsarmen und tieferen Bereichen des Flusses ablagern.
Zur Bestätigung der differenzierten Vorgehensweise erfolgt eine erneute Probenkampagne; deren Resultate werden Ende Sommer 2022 erwartet. Um die nun anstehenden Projektierungsarbeiten durchführen zu können, ersuchen der SNP, EKW sowie die oben aufgeführten Umweltverbände das EKUD, das Beschwerdeverfahren gegen die Sanierungsverfügung des ANU bis Ende 2022 zu sistieren.Sobald die Projektierungsarbeiten abgeschlossen sind, können die Sanierungsarbeiten in Angriff genommen werden, selbst wenn die Finanzierungsfrage im Nachgang zu den Sanierungsarbeiten noch gerichtlich geklärt werden muss. Dieses Vorgehen soll die Umsetzung einer ersten Sanierungsetappe im Jahr 2024 ermöglichen. Ein neues Sanierungsprojekt bedarf der Zustimmung aller involvierten Parteien sowie der zuständigen kantonalen Instanzen.
Engadiner Kraftwerke EKW
Schweizerischer Nationalpark SNP
WWF Graubünden
Pro Natura Graubünden
Aqua Viva