Medienmitteilung der Region Engiadina Bassa Val Müstair vom 9. Dezember 2019

Eine Vision für die Weiterentwicklung der Region Engiadina Bassa / Val Müstair

Wie können der Regionale Naturpark Biosfera Val Müstair, das UNESCO-Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair und der Schweizerische Nationalpark so weiterentwickelt werden, dass deren Potential optimal ausgeschöpft werden kann? Die Regiun Engiadina Bassa / Val Müstair (EBVM) gab Anfang Jahr eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, um Antworten auf diese Frage zu erhalten. Die Resultate liegen nun vor – und weisen neue, interessante Perspektiven aus. 

Die Region EBVM verfügt über drei national und auch international anerkannte Gebiete – der Regionale Naturpark Biosfera Val Müstair, das UNESCO-Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair und der Schweizerische Nationalpark. Die strategisch Verantwortlichen dieser Institutionen sowie der drei Gemeinden Scuol, Val Müstair und Valsot haben das Potenzial für die gemeinsame Weiterentwicklung dieser Gebiete identifiziert und unter der Trägerschaft der Region eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Der Studienautor Prof. Dr. Dominik Siegrist – Institut für Landschaft und Freiraum, Fachbereich naturnaher Tourismus und Pärke an der Hochschule für Technik Rapperswil – wertete in den vergangenen neun Monaten relevante Grundlagen aus, führte Interviews und organisierte einen Workshop mit rund drei Dutzend Vertreter/innen von regionalen und kantonalen Institutionen und Organisationen. Ein von der Region eingesetzter Lenkungsausschuss mit Verantwortungsträgern aus allen involvierten Gemeinden und Institutionen begleitete und unterstützte die Entwicklung der Studie.

Als zentrale Schlussfolgerung der Studie resultiert die Einschätzung, dass die Weiterentwicklung grundsätzlich machbar ist und für die Region einen Mehrwert auslösen würde. Weiterentwicklung bedeutet: Der Regionale Naturpark würde neu integral die Gemeindegebiete von Val Müstair, Scuol und Valsot umfassen, das UNESCO-Biosphärenreservat neu ebenfalls die Gebiete der drei Gemeinden sowie als Kernzone, wie bereits heute, den Schweizerischen Nationalpark.

Welcher Mehrwert?

Der Mehrwert, welcher durch ein entsprechendes Weiterentwicklungsprojekt erschlossen werden könnte, besteht in erster Linie in der verstärkten Sichtbarkeit der Region und einer erhöhten wirtschaftlichen Wertschöpfung. Ein Regionaler Naturpark wird durch finanzielle Mittel von Bund und Kanton bei der Inwertsetzung von Natur- und Kulturlandschaften, wie sie für die Region EBVM charakteristisch sind, unterstützt. Ergänzend dazu bietet das UNESCO-Label, welches direkt keine zusätzlichen finanziellen Mittel auslöst, eine international bekannte Marke, welche für die touristische Vermarktung erfolgversprechend eingesetzt werden kann. Schweizweit gibt es derzeit nur zwei UNESCO-Biosphärenreservate, eines im Entlebuch und eines in der Regiun EBVM. Gemäss der Studie könnte die Region erheblich profitieren, wenn das einzigartige UNESCO-Label noch gezielter vermarktet würde und wenn für die Positionierung von regionalen Produkten, für die touristische Angebotsentwicklung sowie für die Stärkung der regionalen Wirtschaft die Mittel eingesetzt werden könnten, welche der Region für einen Regionalen Naturpark zufliessen würden. Dies erklärt, weshalb es gleichzeitig eines Regionalen Naturparks und eines UNESCO-Biosphärenreservats bedarf. 

Die Studie prüfte im Rahmen der Weiterentwicklungsoptionen verschiedene Gebiets-Varianten. Dabei zeigte sich, dass mit einem grossen Perimeter die Potenziale am effektivsten erschlossen werden könnten. Gemäss dieser Variante würden die gesamten Gemeindegebiete von Scuol, Val Müstair und Valsot sowie – in unveränderter Form – der Schweizerische Nationalpark in die Weiterentwicklung einbezogen. In diesen Gemeinden wären der Regionale Naturpark und das UNESCO-Biosphärenreservat flächenmässig deckungsgleich, was neben der Finanzierung und Vermarktung auch eine schlanke Organisation und einen einheitlichen Auftritt ermöglicht. 

Aktuell bildet die Gemeinde Val Müstair den Regionalen Naturpark, welcher auch Teil des UNESCO-Biosphärenreservats ist. Teile des Gemeindegebiets von Scuol bilden bereits Teil des UNESCO-Biosphärenreservats. Valsot gehört heute weder dem Regionalen Naturpark noch dem UNESCO-Biosphärenreservat an. Die grosse Perimeter-Variante lässt die Option offen, dass zu einem späteren Zeitpunkt weitere interessierte Gemeinden miteinbezogen werden könnten und so das gesamte Gebiet dynamisch weiterentwickelt werden könnte. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie kam den Gemeinden Samnaun und Zernez sowie die Gemeinden der La Plaiv im Oberengadin ein Beobachterstatus zu. 

Mehr Schutz?

Die Mehrheit der Personen, welche im Rahmen der Studie befragt wurden, schreiben dem Weiterentwicklungsprojekt grosse Chancen zu. Diese Akzeptanz ist mitunter auch entscheidend für die Machbarkeit, welche die Studie dem Projekt attestieren. Das am häufigsten genannte Risiko bei der Beurteilung der Machbarkeit stellt die Frage dar, ob infolge einer Weiterentwicklung mehr Auflagen für den Naturschutz zum Tragen kommen würden. Hier ist die rechtliche Grundlage, welche die Studie im Detail erörtert, klar: Der Perimeter, welcher für die Weiterentwicklung in Frage kommt, erfüllt aufgrund der aktuellen Gegebenheiten sowohl die rechtlichen Vorgaben an einen Regionalen Naturpark als auch die Richtlinien der UNESCO. In einem Naturpark gelten die bereits bestehenden rechtlichen Grundlagen, ohne dass zusätzliche Auflagen geschaffen werden. Auch in dieser Hinsicht ist es besonders wertvoll, auf die praktischen Erfahrungen, welche in den vergangenen zehn Jahren im Val Müstair gemacht wurden, zurückgreifen zu können. 

Ein UNESCO-Biosphärenreservat ist grundsätzlich in drei Zonen unterteilt; in eine Pflegezone und eine Entwicklungszone, welche mit dem Weiterentwicklungsprojekt erweitert würden und in welchen die Inwertsetzung von Natur- und Kulturwerten resp. die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaft prioritär verfolgt werden, sowie in eine Kernzone, in welcher der Schutz der Natur oberste Priorität hat. Im UNESCO-Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair wird die Kernzone durch den Nationalpark gebildet und würde im Rahmen eines Weiterentwicklungsprojekts unverändert bestehen bleiben. 

Die Studie zeigt auf, wie sich die Region mit ihren authentischen Werten und Stärken zu einer Modellregion für nachhaltige Entwicklung im Sinne eines UNESCO-Biosphären-reservats entwickelt hat. Unter der Voraussetzung, dass die politischen Instanzen und die Bevölkerung diesen Weg der nachhaltigen Entwicklung zukunftsgerichtet fortschreiten wollen, bilden der Regionale Naturpark und das UNESCO-Biosphärenreservat dazu kohärente Instrumente. Diese generieren in kombinierter Form und in einem erweiterten Perimeter mehr Mittel und eine grössere Wirkung.  

Gemeinderäte resp. Gemeindevorstände sagen Ja

Die Gemeinderäte resp. Gemeindevorstände der involvierten Gemeinden Scuol, Val Müstair und Valsot haben sich auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie dafür ausgesprochen, die geprüfte Vision für die Weiterentwicklung der Region weiterzuverfolgen. In einer nächsten Phase soll das Weiterentwicklungsprojekt unter Mitwirkung der Bevölkerung im Detail ausgearbeitet werden. Vorgesehen ist, dass auch in dieser Projektphase die Regiun EBVM die Trägerschaft übernimmt. Über die Projektorganisation entscheidet die Präsidentenkonferenz voraussichtlich in ihrer Januar-Sitzung. Den definitiven Entscheid über die Umsetzung des detailliert ausgearbeiteten Projekts trifft die stimmberechtigte Bevölkerung. Der Betrieb einer weiterentwickelten Institution würde frühestens im Jahr 2025 starten. 

 

Scuol 09.12.19

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Die Studie inkl. Zusammenfassung ist publiziert unter: www.regiunebvm.ch

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Auskunftspersonen

Regiun EBVM 

Philipp Gunzinger, Präsident Forum Regiun EBVM und Vorsitzender Lenkungsausschuss Machbarkeitsstudie

 

Gemeinde Scuol

Christian Fanzun, Gemeindepräsident und Mitglied Lenkungsausschuss Machbarkeitsstudie

 

Gemeinde Val Müstair

Rico Lamprecht, Gemeindepräsident und Mitglied Lenkungsausschuss Machbarkeitsstudie

 

Gemeinde Valsot

Victor Peer, Gemeindepräsident und Mitglied Lenkungsausschuss Machbarkeitsstudie

 

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