Vor genau 30 Jahren, am 5. Juni 1991, wurden die ersten Bartgeier im Schweizerischen Nationalpark ausgewildert. Damit begann die erfolgreiche Rückkehr des Bartgeiers in die Schweizer Alpen. Seither hat sich die Nationalparkregion zu einem Bartgeier-Hotspot entwickelt, sehr zur Freude der Einheimischen und Gäste. Auch in der restlichen Schweiz entwickelt sich der Bartgeierbestand dank des Wiederansiedlungsprogramms der Stiftung Pro Bartgeier sehr positiv. 
Am 5. Juni 1991 war es soweit: Nach jahrelangen Vorbereitungen kamen mit Settschient, Moische und Margunet die ersten Bartgeier nach Zernez. Sie waren in Aufzuchtstationen in Wien und Berlin geschlüpft und als Junggeier bereit für die Auswilderung in der Val da Stabelchod im Schweizerischen Nationalpark (SNP). Das Interesse der Öffentlichkeit an diesem speziellen Ereignis war gross und es herrschte regelrechte Feststimmung. Ein stattlicher Tross interessierter Zeitzeugen begleitete die Parkwächter, welche die Vögel auf Tragräfs zu einer Felsnische hoch oben im Tal transportierten.

 

Eine Erfolgsgeschichte

Dies war der Anfang einer erfolgreichen Wiederansiedlung. Allerdings war zu Beginn des Projektes ungewiss, ob das Vorhaben tatsächlich gelingen würde. Denn früher hatte der Bartgeier einen schlechten Ruf: Er wurde als Lämmergeier verschrien und gnadenlos verfolgt. Da Bartgeier nur ein Küken pro Jahr aufziehen, schrumpfte die Population in den Alpen rasant. Der letzte dokumentierte Abschuss eines Bartgeiers im Jahr 1913 markiert die Ausrottung der Alpenpopulation. Fast hundert Jahre lang war der Bartgeier in den Alpen ausgerottet. Erst Dank eines aufwändigen internationalen Zucht- und Wiederansiedlungsprojekts fand er den Weg zurück in seine ursprüngliche Heimat.

 

Der Nationalpark bietet einen optimalen Lebensraum 

Der SNP ist ein Wildnisgebiet, in dem die Natur sich selbst überlassen ist. Dementsprechend steht die Aussetzung von Tieren eigentlich im Widerspruch zu den Grundgedanken des Parks. Doch beim Bartgeier haben die Verantwortlichen des SNP – wie bereits 1920 beim Steinbock – eine Ausnahme gemacht. Ein wichtiges Argument war, dass der SNP mit seinem Schutzstatus und der vorhandenen Parkaufsicht Gewähr für eine erfolgreiche und sichere Auswilderung bot. Für den SNP war es der Beginn einer Geschichte, die bis heute spannend bleibt und für grosses Interesse in der Bevölkerung sorgt.

Bis 2007 wurden im SNP insgesamt 26 Bartgeier in die Freiheit entlassen. Parallel dazu erfolgten auch Auswilderungen in Italien im benachbarten Nationalpark Stilfserjoch. 2007 brütete das erste Bartgeierpaar im SNP erfolgreich in der Val Tantermozza. Mittlerweile sind es drei weitere Paare, die im Spöltal, in der Val Müschauns und in der Val Foraz regelmässig ihre Jungen aufziehen. Damit hat sich das bündnerisch-italienische Grenzgebiet zu einem eigentlichen Bartgeier-Hotspot entwickelt: Bis heute haben in dieser Region 23 Paare insgesamt 129 Küken aufgezogen, was 42 Prozent der alpenweit geschlüpften Jungtiere entspricht. Die Attraktivität dieser Region hat mehrere Gründe. Zum einen finden die Knochenfresser genügend Kadaver von Huftieren. Zum anderen bietet die Geologie mit den zerklüfteten Dolomitfelsen viele Möglichkeiten, Horste anzulegen. Und nicht zuletzt hat der Mensch eine positive Einstellung zum Bartgeier entwickelt. Was die Vögel hier sehr gut vor Abschüssen oder Vergiftungen schützt.

 

Weitere Auswilderungen helfen dem Bartgeier

Die Entwicklung der Bartgeierpopulation ist sehr erfreulich. Heute leben in den Alpen rund 300 Bartgeier und mittlerweile stammen die meisten Jungtiere aus Wildbruten. Allerdings ist die genetische Vielfalt im wieder angesiedelten Bestand noch sehr tief. Deshalb wildert die Stiftung Pro Bartgeier weiterhin Jungtiere aus. Seit 2015 finden diese Aktionen im Wildtierschutzgebiet Huetstock bei Melchsee-Frutt im Kanton Obwalden statt. Dieses Jahr erfolgt die Auswilderung von zwei Junggeiern aus dem internationalen Zuchtprogramm Ende Juni. Die zwei Jungtiere werden vom Team der Stiftung Pro Bartgeier mit Futter versorgt und sorgfältig überwacht, bis sie selbständig sind. Während des Sommers können sich Interessierte am Infostand der Stiftung Pro Bartgeier über das Projekt informieren und die Junggeier beobachten. Wer Bartgeier in der freien Wildbahn der Bündner Berge erleben will, hat im Schweizerischen Nationalpark gute Chancen, an einem schönen Tag einen der wunderbaren Vögel beobachten zu können.

 

In einem Interview erzählt Parkwächter Reto Strimer (61) von seinen Erlebnissen mit den Bartgeiern im Schweizerischen Nationalpark:

https://www.nationalpark.ch/de/flora-und-fauna/tiere/bartgeier/wiederansiedlung-bartgeier/

 

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Websiten                 

www.nationalpark.ch/bartgeier

www.bartgeier.ch

Vortragshinweis

Vortragsreihe NATURAMA des Schweizerischen Nationalparks
Zernez, 29. Sept. 21: «Die Bartgeier im Alpenraum», D. Hegglin & D. Jenny

Buchtipp

Der Bartgeier – Seine erfolgreiche Wiederansiedlung in den Alpen
Hansruedi Weyrich, 1. Auflage 2021, Haupt-Verlag

Weitere Informationen:

SCHWEIZERISCHER NATIONALPARK

Hans Lozza

Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

Tel. +41 81 851 41 11

lozza(at)nationalpark.ch

 

STIFTUNG PRO BARTGEIER

Daniel Hegglin

Mob. 079 352 75 46

+41 44 450 68 06

ProBartgeier(at)swild.ch

 

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