Ein Beitrag von Stefanie von Fumetti & Angelika Abderhalden
Universität Basel & UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair
9. August 2024

Seit 2019 werden Quellen und Quellbäche in der UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair intensiv untersucht. Wir wollen verstehen, ob etwaige Umweltveränderungen verursacht durch den Klimawandel Auswirkungen auf die Biodiversität in diesen speziellen Lebensräumen haben.

Fliessgewässer in den Alpen und ihre Lebensgemeinschaften werden besonders stark vom Klimawandel betroffen sein. Prognosen deuten auf steigende Wassertemperaturen und ein verändertes Abflussregime hin. Zumindest für Gletscher-gespiesene Bäche gibt es erste Studien, die diese Prognosen bestätigen. Über Grundwasser-gespiesene Quellen und Bäche weiss man dagegen wenig.

Titelbild: Wegerhausquelle beim Berggasthaus Buffalora

Quellen-Monitoring im Kontext des Klimawandels
Quellen sind im Vergleich zu tiefer gelegenen Bachabschnitten stabile Habitate: die Wassertemperatur schwankt im Jahresverlauf nur geringfügig und der Abfluss ist wesentlich ausgeglichener. In alpinen Regionen kann allerdings der Anteil an Gletscher- oder Permafrostschmelzwasser die Umweltbedingungen in Quellen beeinflussen. In der UNESCO Biosfera Engiadina Val Müstair haben wir ein Langzeit-Monitoring lanciert, das 15 Quellen und 10 Grundwasser-gespiesene Bäche untersucht. Das langfristige Ziel ist es, zu verstehen, ob sich die Umweltbedingungen in Grundwasser-gespiesenen Bachoberläufen in den Alpen verändern und ob sich etwaige Veränderungen auf die Lebensgemeinschaften auswirken. Hierfür haben wir unter anderem Temperaturlogger ausgelegt und auch den Abfluss und weitere Umweltparameter regelmässig gemessen (Abb.1). Von 2019 bis 2021 haben wir zudem die Gemeinschaften an Wirbellosen Tieren (sog. Invertebraten) analysiert (Abb.2).

Forscherin beim Auslesen eines Leitfähigkeitsloggers mit Kuh als Zuschauerin Forscher bei Beprobung in Bach Forscherin bei Probenahme für eDNA-Metabarcoding

 Abb.1 bis 3, v.l.n.r.: Auslesen eines Leitfähigkeitsloggers unter den neugierigen Blicken einer Kuh. Quelle in der hinteren Val S-charl // Beprobung der Wirbellosen // Probenahme für eDNA-Metabarcoding

Stabile Umweltbedingungen in Quellen
Die ersten Resultate nach fünf Jahren Monitoring bestätigen, dass Quellen und ihre Bäche stabile Umweltbedingungen aufweisen. Die Variabilität der Wassertemperatur nimmt wie erwartet bachabwärts zu. Eine gewisse saisonale Variabilität auch in den Quellen lässt sich wohl auf den Einfluss von Permafrost oder Schneeschmelze zurückführen. Die Artenzusammensetzung wird am stärksten von der Höhenlage und der Verfügbarkeit von Holz beeinflusst. Dies sind beides Hinweise auf den starken Einfluss, den die Bewaldung auf die Nahrungsnetzstruktur hat. Nach fünf Jahren Monitoring haben wir nun ein solides Grundlagenwissen über die Umweltbedingungen und die Besiedlung der Quellen und Quellbäche. Dies ist wichtig, um etwaige Veränderungen, die zukünftig auftreten könnten, richtig zu interpretieren.

eDNA-Metabarcoding als nicht-invasive Methode
Das Monitoring führen wir in den nächsten Jahren weiter. Um den Eingriff in die empfindlichen Lebensräume möglichst gering zu halten, haben wir die faunistischen Beprobungen 2022 durch ein eDNA-Monitoring ersetzt (Abb.3). Dieses soll nur alle vier Jahre durch klassische Beprobungen ergänzt werden. Mittels eDNA können wir auch Arten nachweisen, die sich morphologisch nur mit sehr viel Aufwand bestimmen lassen. Dank der Kontinuität der Aufnahmen stellen wir sicher, dass durch den Klimawandel hervorgerufene Veränderungen wirklich erfasst werden. Dies wird auch für andere Regionen in den Alpen von grossem Nutzen sein.


Literatur: 

  • Von Fumetti S. & Abderhalden A. (2024): Monitoring potential impacts of climate change on the biodiversity of springs and springbrooks in the Central Alps. Aquatic Sciences 86:80. https://doi.org/10.1007/s00027-024-01095-6

 

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