Ein Beitrag von David De La Haye (Newcastle University)
und Christopher Robinson (Eawag)
22. Juli 2024

Welche Rolle spielen Klänge, um uns mit der Natur in Verbindung zu bringen? Kann Zuhören uns dabei helfen, die natürliche Schönheit unserer Unterwasserwelten zu entdecken?
David de la Haye nimmt Klänge aus Süssgewässern auf und bringt uns diese näher – hören Sie hin!

Titelbild: Einer der zahlreichen Seen auf Macun im Schweizerischen Nationalpark

Ökoakustik im Nationalpark
Jährlich besuchen Forschende verschiedener Disziplinen die Seenplatte Macun im Schweizerischen Nationalpark, um die Gewässer, die Flora und Fauna und die zahlreichen Blockgletscher zu untersuchen. Im Jahr 2023 schloss sich der Klangkünstler David de la Haye den Forschenden an und zeichnete die Geräusche der Macun-Seen auf.
Die sogenannte Ökoakustik wird zunehmend als Werkzeug zur Untersuchung von Biodiversität genutzt. Doch Klänge von Unterwasserwelten in Teichen und Seen bleiben oft ein Rätsel. Das Projekt erforscht, wie «Unterwassermikrophone», sogenannte Hydrophone, die kulturelle Verbindung von uns Menschen zu Süsswassern fördern können. Damit soll ein künstlerisch-kultureller Zugang zum Schutz der Unterwasservielfalt ermöglicht werden.

Voices In And Out Of Place
Das Ergebnis des Projekts heisst «Voices In And Out Of Place«: Ein artenübergreifendes Werk, bei dem die menschliche Stimme in einer Umgebung von Wasser zu hören ist, in diesem Fall eine Lesung inmitten der aquatischen Geräusche von Macun. Die einzige Möglichkeit, die Stimme zu hören, ist die Verwendung eines Hydrophons. Das Kunstwerk reagiert dynamisch auf die Umgebung; je lauter der äussere Geräuschpegel ist, desto schwieriger ist es, die Gedichtlesung zu hören. Dies wirft die Frage auf, was wir unter Ruhe verstehen und verändert durch einen Prozess der Entfremdung unsere normalerweise lockere Beziehung zu Wasser.

→ Hier finden Sie die Audio-Datei

Macun-Seen von oben

Abb.: Übersicht Seenlandschaft Macun

Konstrastreiche Teiche
In einem weiteren Kunstwerk haben wir die Klanglandschaften von drei Teichen auf unterschiedlichen Höhen einander gegenübergestellt. Der unterste Teich befindet sich neben einem stark befahrenen Kreisverkehr in der Grafschaft Durham (UK). Es ist ein alter Teich, in dem es von Wasserpflanzen wimmelt. Die Rhythmen der Photosynthese stehen in Kontrast zu den nahe gelegenen industriellen Produktionsanlagen. Das Werk entfaltet sich zu einem mikrofonischen Dialog zwischen digitaler und natürlicher Umgebung.
Die Musik aus dem höchstgelegenen Teich von Macun hingegen erforscht die Romantik im Alpinen und Erhabenen. Sie wird begleitet durch zwei Violinisten, welche aufgrund thematischer Elemente aus dem Wasserrepertoire der Romantik (ca. 1790 bis 1840) improvisieren.

Das Akustik-Projekt von Macun wurde durch die EKW, den Schweizerischen Nationalpark, die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz, die Eawag und die School of Arts and Cultures der Newcastle University unterstützt.

Literatur:

  • Duffy, C. (2023): The Cambridge Companion to the Romantic Sublime. Cambridge University Press
  • Desjonquères C, Rybak F, Ulloa JS, Kempf A, Hen AB, Sueur J. (2018): Monitoring the acoustic activity of an aquatic insect population in relation to temperature, vegetation and noise. Freshwater Biol. 2018;00:1–10.
  • Oertli, B., Indermuehle, N., Ange´libert, S., Hinden, H., A.Stoll. (2007): Macroinvertebrate assemblages in 25 high alpine ponds of the Swiss National Park (Cirque of Macun) and relation to environmental variables.
  • Street, S. (2021): The Sound Recordist. Maytree Press.
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