Ein Beitrag von Andrea Millhäusler & Hans Lozza
Schweizerischer Nationalpark

10. Februar 2020

Im Schweizerischen Nationalpark (SNP) sind alle natürlichen Prozesse geschützt. Doch der SNP ist keine Insel. Entwicklungen in der Umgebung des SNP beeinflussen auch das Schutzgebiet. Wie wird mit nicht einheimischen Arten umgegangen, die durch den Menschen – wohl unabsichtlich – in den Park gelangen? Diese Frage kann nicht abschliessend geklärt werden und wird uns in Zukunft möglicherweise vermehrt beschäftigen. Zurzeit werden Vorsorgemassnahmen und Aufklärung betrieben.

Titelbild:
Entlang der Ofenpassstrasse ist es besonders wahrscheinlich, dass Neophyten eingeschleppt werden.

Zurzeit kommen noch keine invasiven nicht einheimische Pflanzen im Parkgebiet vor.
Wenn wir von invasiven nicht einheimischen Pflanzen sprechen, ist eine Unterscheidung besonders wichtig: von nicht einheimischen Arten spricht man bei Arten, die seit der Entdeckung Amerikas 1492 durch den weltweiten Personen- und Warenverkehr in neue Lebensräume gebracht wurden. Diese Arten werden als Neophyten bezeichnet. Oft – aber nicht immer – verhalten sie sich invasiv, das heisst, sie breiten sich aufgrund ihrer starken Konkurrenzkraft oder fehlender Frassfeinde stark aus und führen zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt (verdrängen einheimische Arten oder übertragen Krankheiten oder Parasiten). Schutzgebiete sind vor der Einwanderung von Neophyten nicht verschont.
In den Alpen gibt es bisher aufgrund des Klimas noch wenig invasive Arten. Es ist allerdings davon auszugehen, dass durch die sich verändernden klimatischen Bedingungen auch invasive Neophyten den SNP besiedeln können. Als Vorsorgemassnahme werden die Gebiete um die Parkplätze an der Ofenpassstrasse regelmässig auf invasive Arten untersucht. Die Einfuhr von Neophyten durch den Mensch soll damit zumindest teilweise eingegrenzt werden können.
Die aufgrund des Klimawandels einwandernden und als nicht einheimisch klassierten Arten können dadurch jedoch nicht aufgehalten werden. Ein Beispiel ist die Fiederzwenke (Brachypodium pinnatum). Sie gilt allerdings nicht als invasiver Neophyt, da sie in den 1940er Jahren – vermutlich im Zusammenhang mit der Weidenutzung – entlang der Ofenpassstrasse eingeschleppt wurde und sich seither nur sehr langsam ausbreitet (sie wächst radial jährlich ca. 5cm nach aussen). Die Fiederzwenke ist im SNP auf der Alp Grimmels mit 2050 m ü. M. zurzeit an ihrer oberen Vergbreitungsgrenze. Mit fortschreitender Erwärmung dürften keimfähige Samen allerdings in immer höheren Lagen zu finden sein. Dies führt lokal zu einer Abnahme der Vielfalt auf subalpinen Weiden wie Grimmels oder Stabelchod. Gegen die Bäume, die früher oder später diese Weiden im SNP in Beschlag nehmen werden, hat die Fiederzwenke jedoch keine Chance.

Literatur:

  • Baur, B. & H.-P. Rusterholz (2019): Invasive Arten: Vorsorge-Massnahmen im SNP. In: Cratschla 2/2019: 8-9 → Nationalparkzeitschrift Cratschla
  • Krüsi, B.O. (2013): Ein Gras auf dem Weg nach oben. Bedroht die Fiederzwenke die Artenvielfalt? In: Haller, H., A. Eisenhut & R. Haller (Hrsg.): Atlas des Schweizerischen Nationalparks. Die ersten 100 Jahre. Nat.park-Forsch. Schweiz 99/1. Bern: Haupt Verlag: 94-95
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