INTERREG-Projekt GREAT
Dass die Steinbockbestände im Nationalpark Gran Paradiso seit fast einem Jahrzehnt rückläufig sind, hat in den letzten Jahren für Gesprächsstoff gesorgt. Beunruhigend an dieser Tatsache ist jedoch, dass man, obwohl lange Datenreihen vorhanden sind, keine plausible Erklärung dafür findet. Vermutlich ist der Rückgang auf den Klimawandel zurückzuführen. Der SNP und der Nationalpark Gran Paradiso haben aus diesem Grund beschlossen, ihre Zusammenarbeit im Monitoring der Huftiere zu intensivieren und gemeinsame Auswertungen an die Hand zu nehmen. Die Basis dafür wird im Rahmen eines INTERREG-Projekts GREAT (Grandi Erbivori negli Ecosistemi Alpini in Transformazione) gelegt. Ein wichtiger Punkt der Zusammenarbeit ist ein Parkwächteraustausch, der den Blick über die eigenen Parkgrenzen hinaus öffnen soll. So weilten diesen Sommer 3 Parkwächter aus dem SNP für einige Tage im Gran Paradiso zu Besuch. Im Gegenzug besuchten einige Parkwächter aus dem Aostatal den SNP. Am 26. und 27. Oktober findet im Rahmen dieser Aktionen das Treffen des Gruppo Stambecco Europa in Zernez statt. An diesen zwei Tagen tauschen Verantwortliche aus dem ganzen Alpenraum ihre Erfahrungen im Umgang mit dieser interessanten Huftierart aus.
Schweizweit weist die eidgenössische Jagdstatistik für das Jahr 2011 rund 17‘000 gezählte Tiere, davon rund 7500 Böcke, 7400 Geissen und 2200 Kitze aus – ein neuer Höchststand für die Schweiz. Zu Beginn dieses Jahrhunderts sah die Situation noch ganz anders aus. Nach Jahrzehnten kontinuierlichen Bestandeswachstums und -stabilisation gingen um die Jahrtausendwende in vielen Steinbockkolonien die Bestände zurück. Die Ursache dafür war weitgehend unbekannt. Aus diesem Grund hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Universitäten ein Forschungsprogramm zum Steinbock von 2003 bis 2012 durchgeführt. Ziel war es, die Einflussfaktoren auf die Bestandesentwicklung der Steinbockkolonien zu untersuchen, um so das Steinwildmanagement in der Schweiz optimieren zu können. Das Forschungsprogramm behandelte verschiedene Themen wie Genetik, Krankheiten, Fortpflanzungs- und Winterökologie. Auch wurde der Einfluss der Jagd auf die Population untersucht. Der Steinbock ist eine geschützte Art gemäss dem Bundesgesetz zur Jagd und zum Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel. Auch in der Berner Konvention ist die Art in Anhang 3 «geschützte Arten» aufgelistet. Trotz dieses Status erlaubt der Bund die Regulierung der Bestände. Schäden der Forst- und Landwirtschaft durch die steigenden Steinwildbestände haben den Bund im Jahre 1990 dazu bewogen, die Jagd auf den Steinbock für die Kantone zu ermöglichen, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und unter Kontrolle des Bundes. Der Bund erhält jährlich von den Kantonen die Zahlen zu Abschussplänen, Abschuss- und Bestandeszahlen. Mit diesen Instrumenten soll gewährleistet werden, dass die Jagd nachhaltig erfolgt und die Steinbockbestände nicht übernutzt werden. Aus dem zehnjährigen Forschungsprogramm konnten nun direkte Management-Optimierungsmassnahmen abgeleitet werden. So sollen zukünftig beispielsweise die älteren Böcke (11+) vermehrt geschont, Umsiedlungen zur genetischen Auffrischung geplant oder die Konkurrenzsituation mit Schafen verbessert werden. Diese und andere vorgeschlagene Massnahmen werden in einem nächsten Schritt mit den Kantonen diskutiert und die eidgenössische Steinbock-Verordnung voraussichtlich im Jahre 2014 entsprechend angepasst.
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Text: Nicole Imesh, Eidgenössische Department für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
Weitere Informationen:
SCHWEIZERISCHER NATIONALPARK
Dr. Flurin Filli, Leiter Betrieb und Monitoring
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