Ein Beitrag von Andrea Millhäusler & Hans Lozza
Schweizerischer Nationalpark
10. Februar 2020
Der Schweizerische Nationalpark (SNP) ist beinahe ein Paradies für Tagfalter, denn hier wurden 108 Arten nachgewiesen, was mehr als der Hälfte aller in der Schweiz und rund einem Viertel der in Europa bekannten Arten entspricht (Schweiz: 201, Europa: 441 Arten). Diese Vielfalt hat sich im Schutzgebiet in den letzten 90 Jahren mehrheitlich erhalten. Die Einwanderung neuer Arten, die typischerweise in tieferen Lagen vorkommen, wurde jedoch auch im SNP bereits festgestellt.
Titelbild:
Mohrenfalter. Im SNP kommen verschiedene Arten vor, darunter auch der sehr seltene Alpen-Mohrenfalter Erebia styx
In der Schweiz leben ca. 3700 Schmetterlingsarten. Davon gehören lediglich 5,4 Prozent, nämlich rund 200 Arten, zur Gruppe der Tagfalter. Sie fallen besonders durch ihre Farbenpracht auf. Tagfalter beeinflussen die Pflanzen sowohl als Eier, Raupen, Puppen wie auch im adulten Stadium.
Mit 108 nachgewiesenen Arten beheimatet der SNP mehr als der Hälfte aller in der Schweiz bekannten Tagfalterarten und rund einem Viertel der in Europa bekannten Arten (Schweiz: 201, Europa: 441 Arten). Der Alpen-Mohrenfalter (Erebia styx) beispielsweise kommt nur in einem beschränkten Gebiet im SNP und im Südtessin vor. Auch der Bärenspinner Holoarctia cervini (auch bekannt als Engadiner Bär) kommt im SNP vor. Er ist einer der seltensten Alpenschmetterlinge und wurde nur an wenigen Orten, namentlich bei Zermatt, in den Ötztaler und in den französischen Alpen nachgewiesen. Südexponierte Hänge beherbergen besonders viele Tagfalterarten. Auch im SNP hängt die Vielfalt der Tagfalter von der Exposition und dem Typ des Graslandes ab. In der Val Trupchun kommt die höchste Zahl an Tagfalterarten vor. Dies kann mit der dortigen Pflanzenvielfalt, aber auch mit dem Mikroklima oder der Beäsung durch die Rothirsche zusammenhängen.
Die Intensivierung der Landwirtschaft, die Aufgabe der traditionellen Nutzungen und die Kultivierung naturnaher Wiesenlandschaften bedroht die Tagfalter weltweit. Der SNP als ungenutzter Lebensraum bietet einen Zufluchtsort für stark bedrohte Arten. So hat sich die Vielfalt an Tagfaltern in den 90 Jahren Tagfalterforschung im Park kaum verändert. Trotzdem: auch hier wurde festgestellt, dass einige für hohe Lagen typische Arten (z.B. den Alpen-Weissling Pontia callidice) zurückgehen, wohingegen neue Arten, die typischerweise tiefer unten vorkommen (z.B. der Rote Würfel-Dickkopffalter Spialia sertorius), neu auch das Gebiet des SNP besiedeln.
Literatur:
- Haller, H., D. Cherix, Y. Gonseth & S. Imfeld (2013): Biodiversität im Schweizerischen Nationalpark. Tagfalter als Gradmesser für die Artenvielfalt. In: Haller, H., A. Eisenhut & R. Haller (Hrsg.): Atlas des Schweizerischen Nationalparks. Die ersten 100 Jahre. Nat.park-Forsch. Schweiz 99/1. Bern: Haupt Verlag: 70-71 → Mehr zum Atlas
- Gonseth, Y., A. Pasche, Y. Chittaro & D. Cherix (2010): Die Schmetterlinge im Schweizerischen Nationalpark – eine farbenfrohe Vielfalt. In: Cratschla 1/2010: 10-11 → Cratschla online lesen
- Baur, B. & T. Scheurer (Red.) (2014): Wissen schaffen. 100 Jahre Forschung im Schweizerischen Nationalpark. Nationalpark-Forschung in der Schweiz 100/I. Haupt Verlag Bern. Kapitel Cherix, D. et al. (2014): Dynamische Prozesse in der Tierwelt: Langzeitforschung bringt Verständnis. 178-205. ►Buch kaufen