Wer kann sich heute vorstellen, dass der Alpensteinbock früher als wandelnde Apotheke betrachtet und deswegen ausgerottet wurde?

Der Steinbock verschwand bereits um 1650 aus Graubünden. Seine geringe Scheu und der Glaube des Menschen an die wundersame Heilwirkung von Steinbockpräparaten wurden ihm zum Verhängnis. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelang es dem italienischen König Vittorio Emanuele III, ein paar der letzten Exemplare zu entwenden und in die Schweiz zu schmuggeln. Der Tierpark Peter und Paul in St. Gallen startete darauf ein weltweit einzigartiges Zuchtprogramm. 1920 wurden erstmals auch im Nationalpark Tiere aus dieser Zucht ausgesetzt. Heute leben rund 300 Steinböcke im Nationalpark.

→ Hier erfahren Sie, wie der Steinbock zurück in den Nationalpark fand.

Steinbock heisst auf romanisch «macun». Dieser «macun» lebt tatsächlich auch auf Macun und lässt keine Zweifel offen, woher der Name für das Gebiet der Seenplatte oberhalb von Lavin stammt. Seit dem 1. August 2000 sind auch diese Steinböcke Nationalparkbewohner.

Mehr als nur Bündner Wappentier und Werbeträger für Biermarken.

Beeindruckend sind sie schon, die mächtigen Steinböcke! Wenn sie ihren Kopf langsam senken und mit ihren bis zu einem Meter langen Hörnern hin und her wiegen, zollen sie Respekt. Ihre trägen Bewegungen und ihr massiger Körperbau täuschen darüber hinweg, dass sie äusserst flinke Kletterer sind.

Die Steinböcke gehören wie die Gämsen zu den Hornträgern. Ihre Hörner wachsen ein Leben lang, wobei jedes Jahr im Frühjahr ein paar Zentimeter nachgeschoben werden. Die gut sichtbaren Jahrringe auf der Rückseite der Hörner lassen eine genaue Altersbestimmung zu.

Trotz ihres Körpergewichts von bis zu 90 Kilogramm sind Steinböcke Weltmeister im Klettern. Sie scheinen Saugnäpfe an den Füssen zu haben und verfügen über einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn.

Steingeissen sind sehr aufmerksam und behalten ihre Umgebung gut im Auge.

Ähnlich wie bei den Gämsen leben Steingeissen in Rudeln mit anderen Geissen und Jungtieren. Die Kitze werden im Juni geboren und tragen – dem rauen Klima angepasst – ein warmes Wollkleid. Sie wachsen im Schutz des Rudels auf.
Die Hörner der Geiss sind viel kleiner als jene des Bocks, eine Altersschätzung auf Grund der eng stehenden Jahrringe ist schwieriger. Eine Steingeiss kann bis zu 24 Jahre alt werden – ein beachtliches Alter in Anbetracht ihres unwirtlichen Lebensraumes.

Steinböcke ernähren sich von Gräsern und Kräutern, im Winter zudem von Büschen, Wurzeln und Flechten.

Steingeissen und Steinböcke leben ähnlich wie Hirsche in getrennten Rudeln von 10 bis 30 Tieren.

Beim weiblichen Rudel hat die erfahrene Leitgeiss eine wichtige Führungsposition inne. Bei den Bockrudeln ist die Rangordnung offensichtlich: Die Horngrösse ist Ausdruck für die individuelle Stärke. Im August und während der Brunft im Dezember demonstrieren die mächtigsten Böcke ihre Dominanz.

Die Brunft der Steinböcke findet erst im Dezember statt. Die Ausmarchungen beginnen bereits im Sommer.
Die normalerweise eher träg wirkenden Steinböcke entwickeln im August eine ungewohnte Aktivität. In eindrücklichen Kämpfen setzen sie die Rangordnung unter Gleichstarken fest. Dies bewirkt zwar noch nicht, dass die Brunft im Dezember in Minne verläuft. Doch die Steinböcke vermeiden geschickt einen extremen Energieverschleiss, wie er etwa bei der Brunft der Hirsche oder Gämsen üblich ist.

Steinböcke sind Gebirgsspezialisten und begeben sich nur ausnahmsweise in den Waldbereich.

Kaum ein anderes Tier setzt seine Energie so sparsam ein wie der Steinbock. Diese scheinbare Trägheit ist eine wirkungsvolle Überlebensstrategie.
Bei der Wanderung von den höher gelegenen Sommer- in die Wintereinstände legen insbesondere die Böcke meist längere Strecken zurück.
Wie ein Steinbock optisch die Qualität seines Landepunktes abschätzt, bleibt ein Geheimnis. Präzision und Sicherheit des Auftreffens sind jedenfalls verblüffend.

 

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